Über das Projekt

Am Zentrum für Politische Bildung und Geschichtsdidaktik bearbeiten wir seit April 2022 unser vom SNF finanziertes Forschungsprojekt zum Argumentieren und Urteilen in der Politischen Bildung. Das Forschungsteam erarbeitet einerseits Grundlagen zu Ausprägungen und Förderbedingung des Argumentierens und Urteilens im Unterricht der Politischen Bildung für die Sekundarstufe I. Andererseits evaluiert es deren Lernwirksamkeit empirisch.

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Inhalt und Ziel des Forschungsprojekts

Im Rahmen des dreijährigen Forschungsprojektes erarbeitet das Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Monika Waldis einerseits Grundlagen zu Ausprägungen und Förderbedingungen des Argumentierens und Urteilens im Unterricht der Politischen Bildung für die Sekundarstufe I. Andererseits evaluiert es deren Lernwirksamkeit empirisch. Das Projekt gliedert sich in zwei Phasen. 

In der ersten explorativen Phase entwickelt und erprobt das Forschungsteam zusammen mit Lehrpersonen Aufgaben, die Schüler*innen der Sekundarstufe I (7. bis 9. Klasse) dabei unterstützen sollen, ihre politische Argumentations- und Urteilskompetenz zu stärken. Ziel ist es hier, kontroverse Fragestellungen, Lernmaterialien und ein Strategietraining zum Argumentieren und Urteilen zu entwickeln und in der Praxis zu erproben.

In der zweiten experimentellen Phase untersucht das Forschungsteam, ob die in der ersten Phase entwickelten Aufgabensettings die Qualität der Argumentationen in den Schüler*innendiskussionen sowie die schriftliche Begründung von Urteilen verbessern. Dafür kommt ein quasi-experimentelles Studiendesign mit Experimental- und Kontrollgruppen zum Einsatz, welches die Wirkung der Intervention durch Prä-/Posterhebungen analysiert.

Wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Kontext

Insbesondere für (halb‑)⁠direkte Demokratien besteht die Forderung, Bürger*innen sollen ihre politische Meinung mit und durch Austausch untereinander ausbilden. Durch Beratung und Debatte soll die jeweils beste Entscheidung oder ein für alle tragbarer Kompromiss erreicht werden. Das dahinterstehende deliberative Demokratieverständnis strebt an, die politischen Beteiligungs- und Handlungsmöglichkeiten zu erweitern und das politische Bewusstsein der Bürger*innen zu stärken. Zudem erfordern unter anderem die digitale Transformation der Öffentlichkeit sowie Tendenzen gesellschaftlicher Polarisierung, dass Bürger*innen fähig sind, Informationen kritisch zu hinterfragen, um selbstständig politische Urteile zu bilden. Der Politischen Bildung kommt in diesen Kontext die Aufgabe zu, Jugendliche und junge Erwachsene in demokratische Grundlagen einzuführen sowie deren Argumentations- und Urteilskompetenzen zu stärken.

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Derweil verschiedene Kompetenzmodelle der Politischen Bildung Argumentieren und Urteilen als Zielvorstellungen nennen, ist nicht ohne weiteres ersichtlich, wie diese Fähigkeiten im Schulalltag gezielt gefördert werden können. Erstens ist zu klären, worin die Unterschiede zwischen Argumentieren und Urteilen bestehen. Zweitens stellt sich die Frage, worin das Ziel des Argumentierens und Urteilens in der Schule bestehet. Soll die Interessenaushandlung und Konfliktlösung im Vordergrund stehen? Oder soll das Argumentieren als ein Denkwerkzeug dienen, welche dem kooperativen Lösen von Problemen, dem Erkenntnisgewinn und der rationalen Urteilsbildung dient? In den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern und insbesondere im Politikunterricht handeln die Schüler*innen dabei nicht nur Sachverhalte, sondern auch persönliche und gesellschaftliche Norm- und Wertvorstellungen aus.

Die Politische Bildung will Schüler*innen durch Lernanlässe zum Argumentieren und Urteilen einerseits dazu befähigen, Informationen und Positionen zu identifizieren und zu verstehen, die relevant für ausgewählte politische Problemstellungen und Fragen sind. Andererseits liegt der Fokus auf Kontroversität und Diskurs, um den Schüler*innen zu ermöglichen, diverse Bedürfnisse und differierende Wertvorstellungen kennenzulernen. Zur Wirksamkeit diskursiver Lehr-Lern-Prozesse auf politische Urteilsbildung und Argumentationsfähigkeit im Politikunterricht verweisen erste Studien im internationalen Raum auf ermutigende Ergebnisse. Noch sind aber zahlreiche Fragen offen. So kann der Einfluss verschiedener Aufgabenformate und Gesprächsimpulse auf erwünschte Lernprozesse bisher kaum abgeschätzt werden. Ebenso müssen Kriterien der Argumentations- und Urteilsqualität entwickelt werden, welche einerseits dem Entwicklungsstand und den Lernfortschritten der Schüler*innen Rechnung tragen und andererseits der Erwartung genügen, dass sie die produktive und problemorientierte Teilnahme an demokratischen Entscheidungsprozessen unterstützen. Des Weiteren wird dem Verhältnis zwischen Erfahrungen mündlichen Argumentierens und schriftlichen Urteilens nachgegangen und sowie förderliche als auch hemmende Kontextbedingungen in den Blick genommen. Das Forschungsprojekt trägt dazu bei, diese Forschungslücken zu schliessen, indem das Projektteam Grundlagen zu Ausprägungen und Förderbedingung des Argumentierens und Urteilens im Unterricht der Politischen Bildung für die Sekundarstufe I sowie Kriterien erarbeitet und anderseits mittels eines standardisierten Interventionsdesigns überprüft, ob die erarbeiten Aufgabenstellungen inklusive Argumentationstraining zu den erhofften Lernfortschritten führen. Daraus abgeleitet sollen Empfehlungen für die Unterrichtspraxis abgeleitet werden.

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